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Wenn Liebe zum Verbrechen wird.

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Über Untreue, Coldplay – und den neuen digitalen Pranger


Ein Gefühl tiefen Unbehagens beschleicht mich – und es scheint vielen so zu gehen. Weltweit machen sich Menschen lustig über ein Paar, das beim Coldplay-Konzert zärtlich miteinander war – und dabei gefilmt wurde.


Ein Paar, das – wie sich herausstellte – nicht miteinander verheiratet ist, sondern offenbar in einer außerehelichen Affäre lebt. Ihr Verbrechen?


👉 Untreue. Aber vor allem: Sie waren dabei glücklich. Öffentlich.


Und das reicht in unserer heutigen Zeit aus, um medial hingerichtet zu werden.


Zärtlichkeit auf Kommando


Etwas rührt mich an in dieser Szene: Zwei Menschen – beide über 50 – schenken sich einen Abend, wie ihn sonst Teenager erleben.


Ein Konzert.

Nähe.

Verspieltheit.


Was sie offenbar nicht wussten: Inzwischen ist es Mode, in der Menge willkürlich Paare zu filmen – in der Hoffnung auf öffentliche Küsse für die große Leinwand oder den viralen Moment.


💡 Wer sich weigert, fällt auf.

💡 Wer sich zeigt, riskiert die Enthüllung seines „wahren Lebens“.


Zärtlichkeit auf Kommando – und wehe, sie ist nicht moralisch korrekt inszeniert.


Zwei Leben ruiniert – für einen viralen Moment

Coldplay-Sänger Chris Martin witzelte später öffentlich über den Vorfall.

Aber was für ihn ein netter Gag ist, bedeutet für die beiden gefilmten Menschen:


  • Sie haben ihren Job verloren.

  • Sie stehen wahrscheinlich vor schmerzhaften Scheidungen.

  • Vor öffentlicher Scham.

  • Vor zerrissenen Familien.


All das – wegen eines Konzerts, eines Moments, eines Blicks. Weil sie sich zu einer Liebe bekannten, die nicht ins Raster passt.


„Selber schuld, wer fremdgeht!“

So lautet der gängige Reflex.

Und ja – man kann Fremdgehen verurteilen.

Man darf Ehebruch kritisieren.


Aber was wissen wir eigentlich über ihre Geschichte?

Über ihre Ehen?

Über das, was sie verbindet?


Was, wenn dieser Kuss beim Konzert ehrlicher war als zehn Jahre Alltag mit einem längst erloschenen Partner?


❗ Es geht hier nicht um die Romantisierung von Untreue.

Es geht um die Frage, warum wir so schnell und so hart urteilen.


Warum uns das Scheitern anderer Beziehungen erregt –– und das Glück der „Falschen“ provoziert.

Vielleicht, weil es unsere eigene Angst berührt:

Die Angst, selbst betrogen zu werden.
Die Angst, nicht gewählt zu werden.
Die Angst, dass Nähe auch außerhalb der Konventionen möglich ist.

Wenn Moral zur Waffe wird

Wir leben nicht nur in einer Gesellschaft, die sich gern in der Opferrolle suhlt.

Sondern auch in einer, die sich zunehmend als moralische Instanz versteht – ohne jede Verantwortung.


Wir sehen zwei Menschen, die entgegen gesellschaftliche Erwartungen handeln – und werfen die Steine.

Nicht aus Ethik, sondern aus Verletztheit, Neid, Projektion.


Untreue ist in diesem Fall kein privater Konflikt mehr.

Sie wird öffentlich verhandelt, bestraft und ausgeschlachtet.


Die neuen Inquisitoren heißen nicht mehr „Kirche“ –– sondern Community, Kommentarspalte, Algorithmus.


Und sie richten mit der gleichen gnadenlosen Wucht.


Ein alter Geist im neuen Gewand

Was sich hier zeigt, ist keine neue Progressivität –– sondern ein Rückfall in moralische Kollektivbestrafung.


Ein digitaler Puritanismus, der Tugend nicht mehr lebt, sondern vorführt.

Der die öffentliche Steinigung nicht als Fehler, sondern als Dienst an der Gesellschaft versteht.

Und der Untreue nicht als das behandelt, was sie ist:

ein menschliches, schmerzhaftes, zutiefst privates Drama –– sondern als Bühne für moralische Selbstvergewisserung.


Was bleibt?

Vielleicht nur diese unbequeme Frage:

Was sagt es über uns aus, wenn wir lieber richten als verstehen wollen?

Und warum trifft uns der Kuss zweier Menschen so hart –– wenn wir selbst doch oft genug schweigen, wo Liebe längst versiegt ist?


💬 Was denkst du?

Wie gehst du selbst mit Untreue um – in deinem Leben, in deinem Umfeld, in deiner Haltung?

Ich freue mich über deinen Gedanken, deinen Widerspruch oder auch dein stilles Mitfühlen.

Lass uns wieder Mensch sein, bevor wir urteilen.

 
 

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